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Andenriese durch Peru, Bolivien und Chile

2. Teil: Von Cusco an den Titicacasee und weiter nach nach Copacabana in Bolivien.

Nach einem ruhigen Sonntag in Cuzco, an dem sich alle erholen konnten von der Wanderung nach Machu Picchu, geht's heute Montagmorgen früh los an den Bahnhof, wo der Zug nach Puno am Titicaca See wartet.

Bahnfahrt Cusco - Puno
9 Stunden Bahnfahrt von Cusco nach Puno

Die Zugfahrt nach Puno ist wiederum schwer zu beschreiben. Es rüttelt und schüttelt, dass es eine wahre Freude ist, die Landschaft im engen Tal, durchzogen vom heiligen Fluss der Inkas, viele Dörfer werden passiert, auf den Feldern wird gepflügt, zum Teil mit Kühen, wie in alten Zeiten. Wie die Passhöhe von La Raya auf 4313 m ü. M. erreicht ist, wird die Landschaft eintöniger. Die gewaltige Ebene des Altiplano beginnt sich langsam zu öffnen, das gelbbraune Ichugras, mit dem die endlosen Weiten bewachsen sind, leuchtet in der untergehenden Abendsonne, als wäre es mit Gold überzogen, eine wahre Augenweide. Wie die Sonne den Horizont erreicht, treffen wir in Juliaca ein. Eine Handelsstadt auf dem Altiplano, wie bald mal zu sehen ist. Der Zug durchfährt auf der Einfahrt in die Stadt den örtlichen Markt. Unbeschreiblich, was man alles zu sehen bekommt bei der Durchfahrt. Da auch die Geleise zum handeln benützt werden, herrscht ein emsiges Treiben mit Waren auf die Seite stellen, damit überhaupt ein passieren des Zuges möglich ist. Unglaublich, was hier alles zum Verkauf angeboten wird. Es scheint, als gäbe es hier alles zu kaufen, was irgendwer für irgendwas irgendwo noch irgendwie gebrauchen kann. Mitten im Gewühl sind tatsächlich Frauen in langen Röcken, mit dem für die Gegend typischen Hut, am Volleyball spielen. Ebenfalls unter freiem Himmel mitten drin Stühle aufgestellt in Reih und Glied, drum herum haufenweise abgeschnittene schwarze Haare. So ist diese Durchfahrt durch den Markt von Juliaca für westliche Augen kaum fassbar. Der Rest der Strecke von Cusco nach Puno wird nun bei Nacht passiert, somit muss gewartet werden bis zum Morgengrauen für den ersten Blick auf den Titicaca See. Für den Tag in Puno habe ich zwei Programmpunkte zusammengestellt, am Morgen erwarten uns die Grabtürme von Sillustani, mit einem Taxi sind diese in einer guten halben Stunde erreicht. Die eindrückliche Landschaft, in der die Türme erbaut sind über dem Umayo-See und die in reicher Zahl frisch blühenden Kakteen sind mal wieder ein Fressen für die Fotokamera. So um den Mittag wird zurück nach Puno gefahren. Für den Nachmittag warten die Uros auf ihren schwimmenden Schilfinseln auf uns.


Grabturm bei Sillustani / Peru

Da mir von meinen vorherigen Besuchen bekannt ist, dass die Touren der Reisebüros von Puno nicht gerade das Gelbe vom Ei sind, wird ein eigenes Boot organisiert. Der Kapitän bekommt die Anweisung, uns auf die Insel Santa Maria zu bringen. Die Insel ist zwar auch touristisch, jedoch nur am Morgen, wenn die Schiffe der Reisebüros, die Inseln wahrlich überfluten mit Touristen. Nachmittags jedoch herrscht Frieden und Gelassenheit auf den Inseln. Freundlich empfangen uns die Einwohner von Santa Maria. Uros nennen sich die Inselbewohner hier draussen im See, ihr Zuhause sind die Totora-Schilfinseln. Diese Schilfinseln, benannt nach der Schilfart Totora, das hier wächst, sind gewaltige schwimmende Schilfmatten, die nur durch Pfähle und Seile am Grund verankert sind, damit sie nicht auf und davon mit dem Wind nach Bolivien treiben. Rührend die Freude der Uros, dass auch mal Nachmittags jemand auf einen Besuch vorbeikommt, so was passiere höchst selten.

Schwimmenden Inseln Titicacasee
Bei den Uros auf den schwimmenden Inseln im Titicacasee / Peru

Viele der Männer sind auf den Schilffeldern am Totora schneiden, auf der Fisch- oder Vogeljagd. Sie erzählen, dass vor etwa 20 Jahren mal ein Schweizer für einige Tage bei ihnen auf der Insel gelebt habe, jedoch ist sein Name keinem von uns ein Begriff. Von einem anderen Besuch, von dem berichtet wird, ist dies ganz anders. So wurde vor drei Jahren die Vox-Tours TV-Reportage über eben diese Schilfinseln und ihre Bewohner genau auf dieser kleinen Insel hier gedreht. Da ich mir die Sendung damals nicht entgehen liess, erkenne ich Judith Adlhoch, die Moderatorin der Sendung auf den Fotos, von den Dreharbeiten. Mächtig stolz, dass ihre kleine Insel wirklich in ganz Europa im TV zu sehen war sind die Insulaner. Die kleine Patentochter von eben dieser Judith Adlhoch von VOX-Tours, die seit der Sendung ordentlich gewachsen ist, kommt voller Stolz mit zwei eben erlegten Schilfenten direkt auf Kathrin zu gerannt, so dass sie keine andere Wahl hat, als die Kleine samt Federvieh in Empfang zu nehmen und zu gratulieren für den guten Fang. Anschliessend müssen wir mit auf Fischfang, den ausgelegten Netzen rund um die Inseln nach, stilecht im Totora- Schilfboot. So bekommt man einen echten Einblick ins Leben einer einzigartigen Lebensgemeinschaft hier draussen auf den schwimmenden Totora -Schilfinseln im Titicac See. Was sehr nachdenklich stimmt, ist die gesundheitliche Situation der Bewohner auf den Inseln, so bitten sie mich, auf meiner nächsten Reise ihnen einige dringend benötigte Medikamente mitzubringen. Ein einmaliger und unvergesslicher Besuch bei den Uros auf dem Lago Titicaca geht somit dem Ende entgegen, mit Worten ist, was wir heute erleben durften, kaum zu beschreiben. Mittwoch früh heisst es nicht nur Abschied von Puno zu nehmen, sondern auch von ganz Peru, die Reise geht nun in Bolivien weiter. Bis zum Grenzübertritt nach Bolivien passieren wir einige Stellen, wo sich traumhafte Ausblicke auf den gewaltigen See ergeben. Die noch tief stehende Sonne spiegelt sich auf der Oberfläche, wie ein Meer aus Diamanten funkelt sie silbrig über dem dunkelblauen See. An der Grenze werden die Pässe mit dem bolivianischen Einreisestempel versehen, kurz danach sind auch schon die ersten Häuser von Copacabana, dem heutigen Tagesziel zu sehen. Im Hotel Colonial del Lago beziehen wir Quartier.

Copacabana / Bolivien
Copacabana / Bolivien

Copacabana mit seinen gut 20'000 Einwohnern auf 3818 m ü. M gelegen, hat selbst nicht viel zu bieten, ausser die Kirche Virgin de la Candelaria, die eine lange Geschichte hat und natürlich die einzigartige Lage am See, in der sich Copacabana befindet. Was ganz spezielles geht hier jeweils am Morgen so um 11 Uhr von statten, wenn der Franziskanerpater unten am See Autos und Busse mit Weihwasser segnet. Kaum zu glauben, doch viele vertrauen offenbar dem Pater mehr als der Werkstatt. So werden Bremsen, Steuerung und alles was sonst noch so funktionieren sollte an einem Auto, mit Weihwasser, manchmal auch mit einer Flasche Bier gesegnet. Mit Knallkörpern wird das ganze umrahmt. Für den Sonnenuntergang ist es schon fast Pflicht in Copacabana, den Kreuzweg auf den Cerro Calvario unter die Füsse zu nehmen. Bei klarem Wetter ist der Sonnenuntergang hier oben über dem See unvergesslich, doch leider befinden sich heute Wolken am Horizont, die das ganze verdecken. Doch der Aufstieg lohnt sich gleichwohl, da wir hier das erste Mal die 4000er Grenze zu Fuss übersteigen. Auf dem Rückweg, etwas hungrig, wird ein Blick in den Comedor popular de Martha riskiert. In einer grossen Halle wird von einheimischen Frauen Speis und Trank zubereitet und offeriert. Setzt man einen Fuss in diesen Raum, so werden auch schon die ersten Offerten zugerufen, trucha, lomo und anders mehr. Hans und ich wollten schon fast zuschlagen, doch unsere Frauen sind vehement dagegen. So fügen wir uns und essen später die Trucha (Forelle)vom See in einem "normalen" Restaurante. Sie schmeckt auch hier hervorragend. Das nächste Ausflugsziel auf der Andenreise lautet Isla del Sol. Morgens um 8:15 Uhr fährt das Boot von Copacabana in Richtung Sonneninsel ab.

Strassenbau auf der Isla del Sol / Bolivien
Strassenbau auf der Isla del Sol / Bolivien

Wie auf meiner vorherigen Reise legen wir im Süden bei Yumani an und gehen an Land. Die Bekanntschaft mit der Inka-Treppe, die schnurgerade auf die ca. 250m hohe Insel führ, bringt den Puls von jedem in Schwung. Oben angekommen, wird erstmal eine Verschnaufpause eingelegt und die Aussicht auf den See, die Cordillera Real und das umliegende Land genossen. Die zahlreichen, verschneiten über 6000 m hohen Gipfel der Cordillera gegenüber zeigen sich nur ab und zu, ansonsten verhüllen sie sich hinter grossen, weissen Wolkentürmen, die in den stahlblauen Andenhimmel emporragen. Ein Stück bis ganz hinauf auf die Insel fehlt noch, das wird nun als sich der Puls wieder in angemessenen Bahnen bewegt, in Angriff genommen. Vorbei an einer "ein Tisch und ein Stuhl Pizzeria" ist der Kamm der Insel bald erreicht. Hier oben, wo der Blick auf beide Seiten der Insel schweift, gibt's nochmals eine Stärkung für die Wanderung in den Norden der Insel. Gleich unterhalb der letzten Häuser zieht sich der Pfad dem Abhang entlang. Der heute wunderbar, tiefblaue See lässt einem kaum auf den Weg achten, Fotos werden geschossen, fast unmöglich, den Finger vom Auslöser zu lassen. Nach gut zwei Stunden ist die Hälfte des Wegs geschafft. Ganz oben auf dem Kamm der Insel werden unsere Schätze, die wir in Copacabana erstehen konnten, ausgepackt. Noch selten habe ich so leckere Senfbrote gegessen. Wie Kathrin diese zubereitet, man staunt nur! In der Hoffnung, dass die nächste Mahlzeit etwas ausgiebiger ausfällt als hartes Brot, Senf und Schokolade geht's weiter des Weges in Richtung Norden. Unterwegs besuchen wir die Ruinen von Chincana und den Titicaca-Felsen, bevor es nach Cha´llampampa geht. In diesem kleinen, idyllischen Dörfchen, gelegen direkt am Ufer des Sees ist natürlich Theres die Erste, die bis zu den Knien im kalten Wasser steht. Wären Badesachen im Tagesrucksack, so würde sie wohl die einmalige Gelegenheit nützen und auf 3800 m ü. M. ein Bad in freier zu Natur nehmen. Im Hotel, in dem ich schon auf meiner Erkundungstour vor Wochen die Nacht überstanden habe, das übrigens immer noch ohne Namen im Lande steht, beziehen wir unser Nachtlager. Wasser gibt es nur im WC, das von allen 5 Zimmern, die es zur Zeit gibt, gemeinsam benutzt wird. Strom gibt es ebenfalls nicht. Wie ich die Türe zu meinem Zimmer öffne, fällt mir zuerst die Kerze auf, die von der Sonne beinahe geschmolzen flach auf dem Tisch liegt. Dies zeigt, wie unglaublich stark die Sonne hier scheint, am Tag schmelzen Kerzen, in der Nacht fällt Schnee. Somit kann von einer ordentlichen Klimaschwankung gesprochen werden. Das Dörfchen Cha'llampampa ist wirklich eine Nacht wert, wenn wir auch schon um 20 Uhr zu Bett gehen, da es kein Licht gibt und die Temperaturen ziemlich rasch in den Keller fallen. Die ganze Nacht über ist das Gebrüll der Esel zu hören. Wie der Morgen naht, naht auch eine dicke schwarze Wolke mit Regen und Graupelschauer. Das ganze wird im Bett ausgestanden, die Sonne gewinnt mit jeder Minute an Kraft, so dass der Regen und die Wolke sich baldmal in Nichts auflösen. Wie das Morgenessen vorbei ist, ist auch das Wetter wieder zum wandern. Cha´llampampa wird Hasta luego gesagt, über Cha´lla und Pukara geht's zurück nach Yumani, den Stränden entlang, durch Dörfer und über Felder, auf denen gerade die Kartoffeln in den Boden kommen alles in Handarbeit. Um 16 Uhr nimmt uns das Schiff am Anleger von Yumani mit zurück nach Copacabana. Somit gehen die ersten zwei Wochen der Reise hier auf der Sonneninsel dem Ende entgegen.

Und weiter geht's im nächsten Teil nach Coroico und Potosi in Bolivien >>>