Reisebericht Peru, Bolivien & Chile Rundreise

Seit ein paar Tagen sind wir zurück von unserer Peru/Bolivien/Chile-Rundreise. Wir sind zwar wieder zurück in der Schweiz, aber in unseren Gedanken sind wir noch immer in lebendigen Städten, auf der unendlichen Weite des Salar de Uyuni, auf den Hochebenen Boliviens zwischen aktiven und erloschenen Vulkanen, bei Lama- und Alpacaherden, an Lagunen in den schillerndsten Farben mit ihren Flamingos, bei Begegnungen mit Menschen aus einer anderen Kultur, im tropischen Nationalpark Manu….. Ihr seht es würde ganz viel zu erzählen geben und der Bericht unendliche Seiten lang. Wir versuchen uns kurz zu fassen und beschreiben euch die wichtigsten und schönsten Etappen.

Wir danken Markus Mathys und seinen Partnern von ganzem Herzen für die perfekte Organisation unserer Reise. Wir haben in kurzer Zeit so viel erlebt, hatten die zuverlässigsten Fahrer und Führer die man sich denken kann und konnten uns ohne Sorgen ganz unseren Eindrücken hingeben. Es waren tolle sechs Wochen, an die wir uns immer gerne erinnern werden.

Reisebericht Peru, Bolivien und Chile Reise mit Amazonas und Manu
Reiseroute dieser Peru, Bolivien & Chilerundreise

Lima
Pierre hat gerade seinen ersten Kokatee getrunken (schmeckt eigentlich ganz gut), eine blasse Sonne scheint, der Verkehr strömt, die Luft stinkt; es ist ganz so, wie wir uns eine südamerikanische Stadt vorgestellt haben. Wir haben die Reise gut überstanden, auf Comfortsitzen und daher ein bisschen komfortabler als auch schon. Wir sind einen langen Tag lang geflogen, weit übers Meer und immer mit der Sonne. In der Abenddämmerung hatten wir dann plötzlich nicht mehr Meerwellen unter uns, sondern Wogen von grünen Blättern, durchzogen von vielen breiten, mäandernden Flüssen. Das Amazonasgebiet, über welchem sich riesige, ein bisschen unheimliche Wolken ballten, beschienen von den letzten Sonnenstrahlen. Bei Nacht flogen wir dann über die Anden und hinab ins Lichtermeer von Lima.

Miraflores ist ein moderner Stadtteil, nicht weit von der Pazifikküste entfernt. Die Innenstadt mit den alten Kolonialbauten ist wieder ganz anders, und ein Traum von Pierre, die Fahrt mit der Ferrocarril Central Andino hat sich tatsächlich verwirklicht. Diese Bahn fährt für Personen nur sechs Mal pro Jahr und überwindet auf einer einzigartigen Strecke fast 5000m. Er erzählt begeistert von Brücken, Tunnels und Spitzkehren, hat viel fotografiert für die Bahnfans, während ich mich von der langen Flugreise erholte.


Unterwegs im Colca Canyon - Peru (Foto zVg)


Familie auf dem Feld im Colca Canyon - Peru (Foto zVg)

Arequipa und Colca Cañon
Nach einem kurzen Flug sind wir in der weissen Stadt Arequipa gelandet. Ein schöner Hauptplatz mit Palmen (wir sind immerhin auf 2300m) mit viel Leben, Gelächter, kleinen Kindern und vielen Tauben, immer präsent der Vulkan Misti mit seinen weissen Flanken. Es liessen sich viele schöne Bauten aufzählen, die Liste wäre unendlich lang. Herausragend ist aber das Kloster Santa Catalina, wo einst die einflussreichen Familien ihre zweite Tochter „versorgten“. Es muss nicht immer klösterlich zu und her gegangen sein. Die kleinen Häuser waren sicher – je nach Reichtum der Familie – komfortabel eingerichtet und hatten auch Platz für Dienerinnen. So ist eine kleine Stadt in der Stadt entstanden, umgeben von einer hohen festen Mauer, mit einem Gewirr von Strassen namens Granada, Toledo etc., Patios, Hinterhöfen. Ganz schön ist der indigoblaue Innenhof mit seinen Gemälden, welche Heiligengeschichten für die nicht lesegewohnten Bewohnerinnen erzählen. Eine charmante Führerin hat uns das Alltagsleben und Geschichten der Nonnen so anschaulich erzählt, dass wir nun denken ganz genau Bescheid zu wissen, wie man hier vor 400/500 Jahren gelebt hat.

Von Arequipa aus ist es eigentlich nicht mehr so weit bis zum Colca Cañon, aber dazwischen liegt ein 4800 m hoher Pass. Fahrer und Führerin decken uns mit Kokablättern ein, die wir nach ihren Anweisungen kauen, ab und zu wieder ausspuken, neue wieder zusammenfalten und in den Mund schieben. Auf alle Fälle hilft‘s und wir kommen, über viele Kurven sicher gefahren von Yancarlo, ohne Beschwerden im schönen Hotel Colca Lodge an. Eine wirklich tolle Anlage, eingebettet in die Terrassen des Tals, mit einer warmen Thermalquelle, wo sich die nach der langen Fahrt etwas steifen Glieder lockern und aufwärmen lassen.

Schon früh geht es am andern Tag zum Cruz del Condor, wo die riesigen Kondore sich von der sich erwärmenden Luft hinauftragen lassen und dann neugierig über die Köpfe der vielen Touristen segeln, ein wenig die äussersten Federn bewegen und so ihre Richtung und Höhe ändern. Wir wandern dann einer Wasserfassung nach durch blühende Wiesen nach Cabanaconde. Unterwegs fliegen noch einmal zwei Kondore extra für uns ganz nah über unsere Köpfe, wir hören den Wind in ihren Flügeln sausen. Ein ganz anderes Erlebnis ist die andere Talseite, diesmal ohne Touristen, dafür mit vielen Einheimischen, die gerade die Kartoffeln ernten, mit rudimentären Werkzeugen und viel Muskelkraft um die schweren Säcke zur Strasse zu tragen. Die Landschaft mit ihren Terrassen ist so wunderschön, dass wir gar nicht anders können als das Auto zu verlassen und eine schöne Strecke zu Fuss weitergehen.


Flug der Kondore im Colca Canyon - Peru (Foto zVg)

Titicacasee mit Suasi Insel
Auf dem Weg zu der Suasi-Insel mitten im See, besuchen wir die Uros auf ihrer schwimmenden Schilfinsel, lassen uns ihren Alltag erzählen, bewundern (und kaufen) ihre Handarbeiten, tätscheln die Pfusibäckli eines kleinen Mädchens, werden auf einem Schilfschiff in den See hinausgerudert. Zum Abschied bekommen wir noch ein kleines Ständchen in etwa vier Sprachen vorgetragen. Beeindruckend ist das karge Leben auf wenig Platz aber auch die Freundlichkeit und Zufriedenheit der Bewohner. Bei Taquile, einer weiteren Insel, schauen wir den strickenden Männern zu, bewundern die Webarbeiten der Frauen, bekommen ein Ständchen und Pierre tanzt Pirouetten mit einer Weberin.

Die Insel Suasi ist ein Traum. Wir sind fast die einzigen Gäste und werden nach Strich und Faden verwöhnt und umsorgt. Am Abend wird der Ofen im Zimmer zünftig eingeheizt, im Bett hat es warme Bettflaschen und der Eukalyptusstrauss auf dem Ofen verströmt angenehmen Duft. Wir spazieren auf den Inselpfaden, geniessen den Garten mit Mittelmeerflair, versuchen uns im Kanufahren, bewundern den Sternenhimmel und merken gar nicht, wie sich unsere Körper den Höhenmetern anpassen. Ist auch gut so, denn Bolivien wartet.


Colibri auf der Suasi Insel im Titicacasee - Peru (Foto zVg)

Tiahuanaco und Oruro
Mit einer Führerin besuchen wir noch auf Peruseite einen Sonntagsmarkt der Einheimischen. Da werden Kartoffeln gegen Mais, Fische gegen Fleisch, Früchte gegen Quinoa etc. getauscht. Farbenfroh und voller Gerüche; wir sind die einzigen Touristen und werden etwas schräg angeschaut. Nach langem Schlangenstehen in Desaguadero am Grenzübertritt werden wir von Oscar, unserem Fahrer für die nächsten 14 bolivanischen Tage in Empfang genommen. Wir haben eine lange Tagesreise bis nach Oruro vor uns. Ein Mittagessen und der Besuch der Ausgrabungsstätte von Tiahuanaco müssen aber sein. An diesem Ort lebten über lange Zeit viele Menschen und man nimmt an, dass sie erst durch eine lange Dürrezeit vertrieben wurden. Durch ausgeklügelte landwirtschaftliche Techniken ist es ihnen gelungen, auf 3800 m nicht nur zu überleben, sondern auch Überschüsse zu erzeugen, z.B. durch das Trocknen von Kartoffeln und Lamafleisch. Lange vor den Inkabaumeistern hat dieses Volk ein wunderschönes Sonnentor aus einem einzigen riesigen Felsen gehauen, im Museum sind Keramikgegenstände zu bewundern und die teils renovierten Mauern mit ihren Gesichtern beeindrucken jeden Besucher.

In Oruro wechseln wir an einer Strassenecke unsere Dollars in Bolivanos, ein Schauspiel ohnegleichen. Auf einem Stühlchen sitzt eine Dame mit Sombrero, die Scheine wechseln von Pierre zu Oscar, zur Dame und wieder zurück, bis sich schliesslich nach angeregter Diskussion alle einig sind über den Wechselkurs und die erhaltenen Noten einigermassen mit unseren Berechnungen übereinstimmen.


Landschaftsaufnahme rund um Tiahuanaco - Bolivien (Foto zVg)


Saurer aus der Schweiz mit Bier unterwegs durch Bolivien 
(Foto zVg)

Potosì
Hilfe, wir sind vergiftet …….., nicht so schlimm, aber heute kratzt es im Hals, in den Augen, in der Nase und das wegen dichten Abgasen der Autos und Busse in den engen Strassen von Potosì. Es ist eine schöne alte Kolonialstadt, die Spanier haben hier Silber und Gold aus dem Vulkanberg geholt und dabei gut verdient und luxuriös gelebt. Das war einmal. Heute gehört alles den Bolivianern und sieht ein bisschen verfallen aus, die Holzbalkone, die beschlagenen Tore; eine Ausnahme bilden die renovierten Banken-Eingänge. Es wird immer noch in den Minen gearbeitet, aber wir ersparen uns einen Besuch. Im Museo Casa Real de la Moneda wird uns vorgeführt, wie Münzen aus dem gewonnenen Silber geprägt wurden. Ein eindrücklicher Besuch galt der im Moment in Renovation stehenden Kathedrale. Im Abendlicht hatten wir vom Glockenturm aus einen wunderbaren Blick über die Stadt und ihre Umgebung.


Laguna Colorada - Bolivien (Foto zVg)

Salar de Uyuni
Wiederum eine etwas längere Fahrt, aber Oscar kennt viele schöne Orte, wo er uns aussteigen und wandern lässt, wie z.B. ein grünes Tälchen mit einem Fluss, oder einen Kaktushügel, wo wir das mitgebrachte Hühnchen verzehren. Am frühen Nachmittag tankt er in Uyuni den Reservetank auf dem Dach voll, bringt uns ins Salzhotel am Rand des Salzsees und verabschiedet sich bis zum nächsten Morgen. Uns juckt es in den Füssen und wir können nicht anders, als unsere Wanderschuhe anziehen und gegen die kleinen weissen Salzhügel in weiter Ferne wandern. Es ist weit, aber bei Sonnenuntergang sind wir wieder zurück im Hotel, welches ganz aus Salzziegeln gebaut ist, sogar der Bettunterbau. Der Boden besteht aus weissen Salzkristallen und ist bedeckt mit farbenfrohen Webteppichen aus der Gegend. Im Esssaal ist es behaglich warm; wir gehen früh zu Bett, ist doch bald einmal Lichterlöschen und morgen ein intensiver Tag.

Bei stahlblauem Himmel und strahlend weisser Salzfläche fahren wir hinaus auf den See. Auch hier überlässt uns Oscar unserem Wandertrieb, sein Auto wird immer kleiner, die Kaktusinsel aber nicht grösser. Er lässt uns ein bisschen schmoren, lädt uns zuverlässig aber wieder auf. Die Insel Incahuasi ist wirklich eine Überraschung; zahlreiche Kakteen beeindrucken uns, und natürlich auch die Aussicht von der Hügelspitze. Von da aus sehen wir einen Teil des Ausmasses an Weiss. Bevor wir uns richtig auf die Weiterfahrt begeben, machen wir noch einen Halt bei den vor sich hin rostenden Dampfloks aus einer Zeit, wo die Bahn noch ihren Zweck erfüllte. Die Loks werden nach und nach ausgeschlachtet und versinken im Sand.


Flamigos in den Lagunen rund um den Salar de Uyuni - Bolivien (Foto zVg)

Lagunas
Auf Bachbettstrassen geht es immer weiter hoch. Oscar fährt langsam und vorsichtig, weicht Löchern und Rillen aus. Wir werden zwar ein bisschen durchgeschüttelt, aber für das Ungemach reich entschädigt. Die Landschaft ist beeindruckend schön, Hochebenen, Vulkane mit farbigen Hängen, Vicuñas (wilde, elegante Lamas), und dann plötzlich, ohne Vorwarnung von Oscar, die erste Lagune. Dunkelblaues Wasser, blendend weisse Boraxinseln, grünes Schilf und dazwischen jede Menge Andenflamingos. Sie sind kleiner als die bei uns im Dählhölzli, aber intensiver in ihren Farben. Ein atemberaubendes Schauspiel. Es folgen weitere grössere und kleinere Lagunen, eine schöner als die andere. Die Laguna colorada – sie verdient den Namen wirklich - ist das Ziel unseres heutigen Tages. Hier gibt es Unterkunft und Essen auf über 4500 m Höhe. Ihr hättet sehen sollen, wie wir ins Bett gegangen sind; beide mit zwei Paar Wollsocken, zwei Paar langen Unterhosen, zwei Fleecepullovern übereinander getragen und Pierre sogar mit Wollmütze. Zum Glück gab es warme Wolldecken und wir hatten nicht kalt, aber am nächsten Morgen …… ja, da haben wir uns schnell aus- und wieder ganz warm angezogen. Draussen waren die Flüsse und der Lagunenrand gefroren und drinnen gab es KEINE Heizung. Die Geysire von Sol de Mañana waren nicht so weit weg und gaben uns zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen das Gefühl von Wärme. Es blubbert und spritzt da in einer Höhe von fast 5000 m Höhe. Es werden auch Untersuchungen für Energiegewinnung gemacht, aber das Gebiet ist zu abgelegen um einen wirklichen Nutzen zu erzielen.

Und dann auch gar nicht mehr weit die Thermalquellen von Chalviri. Oscar musste uns ein bisschen überreden unsere warmen Kleider abzulegen und ins warme Wasser zu tauchen. Aber was für ein Genuss im schön warmen Wasser zu sitzen und die Aussicht auf weitere Flamingos und eine weitere Lagune zu geniessen.


Kerzenständer Kakteen im Lauca Nationalpark - Chile (Foto zVg)

San Pedro de Atacama – Iquique
Nach einiger Warterei am Grenzübergang sind wir in der schönen Ortschaft San Pedro in Chile angekommen. Viele Touristen, viele Läden, viele Restaurants, eine spezielle Kirche aus Adobeziegeln und mit einer Dachkonstruktion aus Kaktusholz. Warm ist die Wüstenluft, die unsere gewaschenen Kleider schnell trocknen lässt und reichhaltig das gute Abendessen. Das erste Mal habe ich heute Abend vergessen, den ersten Tropfen aus dem Weinglas der Pachamama (Mutter Erde) zu opfern und prompt fiel mein Glas um. Wir sind rundum zufrieden und glücklich, nach all den Eindrücken. Es ist gar nicht schlecht, dass die Strassen nun geteert sind, die Wüste eintönig braun wird und wir erst wieder unten am Meer mit Neuem konfrontiert werden. Das heisst, schon ein bisschen vorher. Pierre macht die Geleise einer Bahn aus und da kommt sie schon daher. Der geduldige Oscar kehrt um, fährt den Pass wieder hinauf und Pierre kommt zu perfekten Bildern einer rostigen alten Nitrat-Werkbahnbahn (die Elektroloks waren seinerzeit die ersten mit Rekuperationsbremse in Südamerika und die Bahnstrecke erinnert an die Berninabahn bei Alp Grüm…)). Alle winkten, die Lokführer hupten und Oscar fährt diesmal wirklich ans Meer. Ja der Pazifikstrand ist schön, grosse Wellen schlagen auf die Felsen, es riecht feucht (gut für meine Nase) und auch die chilenische Empanada zum Picknick lässt keinen Wunsch offen. Wir übernachten in Iquique, fahren dann weiter, wieder durch braune Sandwüste, in die Hafenstadt Arica. Hier haben wir zwei Tage zur Verfügung, waschen, machen Strandspaziergänge, führen Tagebuch und Malbuch nach, essen gut und erholen uns um für weitere Strapazen bereit zu sein. Auch hier treffen wir auf Überreste von einstigen Zugskompositionen (eine wunderschöne Zahnrad-Dampflok, in Esslingen gebaut, die früher die Züge von Arica nach La Paz schleppte) und auf einen schönen Platz vor der Aduana. Innen erwartet uns eine Überraschung, ist doch das Gebäude von Eiffel entworfen worden und hat richtiges Pariserflair.


Lauca Nationalpark - Chile (Foto zVg)


Seenlandschaft im Lauca Nationalpark - Chile (Foto zVg)

Arica - Putre
Von Arica aus fahren wir wieder hoch in die Anden, zuerst immer noch durch Wüstengebiet mit Kerzenständerkakteen, aber nach und nach kommen wir wieder in die Bergwelt. Auf einer Hochebene lässt uns Oscar aussteigen, drückt uns noch einen Schoggistengel als Proviant in die Hand und auf geht es auf einer schönen Strasse durch ein Hochmoor mit vielen Lamas, Alpacas, Schafen, Enten, gegen ein kleines Dorf mit einer der hübschesten Kirchen. Das Kirchengelände ist eingefasst mit einer weissen Mauer, auf welcher Inkamotive eingelassen sind, sie hat einen kleinen Glockenturm, ein schönes Eingangstor und ist leider verschlossen. Durch einen Spalt sieht man ein bisschen ins schön ausgestattete Innere.

Übernachten tun wir in Putre in einem hübschen kleinen Hotel, ganz nach unserem Geschmack und von einer Italienerin geführt. Und ihr glaubt es sicher fast nicht – nach so vielen Tagen Spanischkonversation kommt das Italienisch nicht spontan auf unsere Zunge, erst am nächsten Morgen, nach einem tiefen Schlaf, können wir es wieder sprechen.


Insekten am Wegesrand (Foto zVg)

La Paz
Langsam, nicht ohne noch einmal tiefblaue Seen und schneebedeckte Vulkane zu bewundern (Lauca Park), nehmen wir Abschied von Chile. Der Grenzübertritt nach Bolivien ist der bei weitem chaotischste. Wir müssen sogar noch einmal zurück, weil man uns einen Stempel mit komplett falschem Datum in den Pass gedrückt hat. Unterwegs nach La Paz überredet uns Oscar zu einer Programmänderung; statt den sehr hohen und nach ihm öden Chacaltaya zu besteigen möchte er uns gerne den Anfang des bolivanischen Dschungels zeigen, einer der schönsten wie er uns versichert. Und ich war doch so froh, dass die „Carretera de la muerte“ nicht in unserem Programm stand. Wir willigten ein, die Agenzia auch und so war der Plan geritzt.

Vorher aber stromerten wir noch einen Abend lang durch La Paz. Der Anblick der Stadt ist unglaublich. Sie liegt in einem tiefen Kessel, die Wände ringsherum sind alle bebaut und bewohnt. In den Strassen der Innenstadt verkaufen die Cholitas (einheimische Frauen in ihren bunten Gewändern und lustigen Hüten) ihre Produkte, Gemüse, Mais und Kartoffeln, frische Kamille und in speziellen Geschäften werden geheimnisvolle Rezepturen hergestellt, getrocknete Lamaembryone sind ausgestellt (Glücksbringer beim Hausbau) und überall riecht es nach Essen.

Die Todesstrasse entpuppt sich, wie Oscar es uns beschrieben hat, als relativ harmlos, da er nicht ständig mit andern Autos kreuzen muss. Wir sind auch lange vor den Mountainbikern unterwegs und haben so die Ruhe, die sich rapide verändernde Flora zu bewundern. Allerhand exotische Sträucher, Farne und Blumen, vor allem Orchideen wachsen an den steilen Felsen und Abhängen, meine Augen nehmen auf und Pierres Fotoapparat dokumentiert. Oscar hat unendliche Geduld mit uns und ist überhaupt nicht pressiert. Auf der neuen und normalen Strasse sind wir von Coroico im Nu zurück in La Paz. Er lädt zwei glückliche und zufriedene Passagiere beim Hotel wieder ab und wir müssen von einem einfühlsamen und vorsichtigen Führer Abschied nehmen. Viel hat er uns über sein Leben und die Politik in Bolivien erzählt, aber sicher noch lange nicht alles.


Im heiligen Tal der Inkas - Peru (Foto zVg)

Cusco, Aguas Calientes und Machu Picchu
Zurück geht es an den Titicacasee, und mit neuer Führerin nach Cusco, eine lange Fahrt, aber dennoch nicht ohne Extrahalt für die Besichtigung von Fundstücken aus der Vorinkazeit in einem kleinen Museum und den Überresten der Tempelanlage von Rakchi. Sehr eindrücklich die hohe und perfekte Mauer des einstigen Tempels zu Ehren des Schöpfergottes Wiracocha. Kurz vor Cusco, in einem kleinen Dorf, besichtigen wir eine äusserst interessante Kirche mit schönen Bemalungen und einer Holzdecke, die sich sehen lassen kann. Auch hier könnten wir uns noch lange mit Beschreibungen aufhalten, aber Cusco wartet doch. Wir waren gespannt und wurden auch nicht enttäuscht. Überall Lichter, viele Leute, Restaurants, ein wunderschöner Platz. Wir haben sehr gut gegessen. Vorspeise: ein paar kleine gebratene Kartoffeln, aber was für welche. Es gibt hier so viele Sorten, ihr Geschmack ist nicht mit unseren etwas faden Knollen zu vergleichen. Was folgte war nicht minder gut und unser Magen brummte zufrieden.

Um Cusco herum gibt es viele Inkaruinen zu bestaunen, am eindrücklichsten ist wohl die Mauer von Sacsayhuaman, in welche riesige Felsbrocken eingebaut wurden - zusammen mit kleineren - und so jeglichen Erdbeben Stand hielten. Nicht aber den Spaniern, die zerstörten und plünderten, was sie konnten. Ein Lied, welches uns nun verfolgt. Die steilen Strassen machen uns nicht so viel Mühe, weil Cusco für uns schon fast auf normaler Höhe liegt, und wir erkunden gerne auch etwas höher gelegene, interessante Quartiere. Nach Aguas Calientes gelangen wir zuerst per Auto bis nach Ollantaytambo und von da aus per Zug bis zum Ausgangsort für den Besuch von Machu Picchu. Wir übernachten in einem angenehm modernen Hotel, stehen am Morgen sehr früh auf und fahren per Bus noch vor Tagesanfang die Serpentinenstrasse zu den Inkaruinen hinauf. Der Sonnenaufgang bleibt uns verwehrt, da die Anlage vom Nebel eingehüllt ist, was aber nicht sehr stört, denn der mystische Eindruck wird so noch verstärkt. Wir können uns viel Zeit nehmen den Erklärungen von Herbert zu lauschen, er lässt uns immer auch wieder anhalten und die verschiedenen Blickpunkte in uns aufnehmen. Pierre steigt dann gegen Mittag allein auf den Berg Machu Picchu und kommt voll zufrieden aber auch sehr müde zurück. Die Blumenpracht und -vielfalt auf dem 3100m hohen Gipfel ist enorm, ebenso die Aussicht. Von hier oben gleicht die Ruinenstadt einem Spielzeugstädtchen und der vielbegangene Berg Huaynapicchu einem Hörnchen. Ich selber war zwar sehr beeindruckt von der Baukunst der Inkas, unvorstellbar was sie in dieser Lage und Höhe konstruiert haben, aber richtig wohl war mir nicht. Es hatte für mich zuviel leere Luft um mich herum (ich bin halt immer noch schwindlig in den Bergen). Während Pierre mit Herbert beim Ponte Inca war, habe ich den verschiedenen Führern und ihren Theorien zugehört, sie Herbert weitererzählt, für den alles Humbug ist. Der Inkaführer hatte seine Männer beim Kampf gegen die Spanier nötig und die zurückgelassenen Frauen starben an einer Seuche, so einfach (und einleuchtend) ist das.

Ja, was nun? Erholung war wieder einmal angesagt und diesmal in einem sehr schönen Hotel in Urubamba. Schon der Name tönt gut, nicht wahr? Unsere Augen wurden verwöhnt durch die prächtige Innenausstattung, der Magen durchs gute Essen, die Seele durch die aufmerksame Umsorgung.

Ein letztes Mal holte uns Herbert ab, führte uns durch die Inkaanlagen von Ollantaytambo, zeigte uns die geniale Anlage für Salzgewinnung in Maras und die Inkaversuchsanstalt von Moray. Hier wurde vermutlich versucht auf perfekt angelegten Terrassen verschiedene Getreide- und Kartoffelarten anzubauen, immer noch in sehr grosser Höhe. Die Salzgewinnung funktioniert immer noch und ist Lebensunterhalt für viele Familien. Im schönen Abendlicht übers hügelige Hochland, mit vielen Gerstenfeldern für die Bierbrauerei, und mit Blick auf die Veronica (der höchste Schneeberg der Region), geht es langsam zurück nach Cusco, nicht aber ohne Besuch in einer Weberei. Ein junges Mädchen zeigt uns, wie Wolle gewaschen, gesponnen und gefärbt wird und was daraus entsteht, nämlich farbenfrohe Läufer, Teppiche, Taschen, Tischtücher usw. Aus den zerdrückten Cochinillas gibt es nicht nur den Farbsud, sondern auch eine Art Lippenstift, der mindestens 100 Küsse aushält.


Im Manu Nationalpark - Peru (Foto zVg)

Manu Nationalpark
Der letzte Abschnitt war wahrscheinlich der abenteuerlichste und wenn ich alles gewusst hätte, wer weiss. Zum ersten war da die absolut schmale Strasse in den Dschungel hinunter. Ich habe ein paar Mal mit Pierre die Seite gewechselt, damit ich eher die wunderbare Felswand mit schönen wilden Orchideen, riesigen Farnen, Bromelien, etc. vor Augen hatte und nicht den leeren Abgrund. Auch hier durften wir nach Herzenslust aussteigen, bewundern und fotografieren. José, unser Führer und absoluter Kenner aller Vogel- und Tierarten, erklärte uns die vielen Geräusche und stellte ab und zu sein Teleskop auf, damit wir Paradiesvögel, Kingfisher usw. bewundern konnten. Bei der Felsenhähnchen-Lodge hatte es wirklich balzende Vögel, aber wir haben sie nur gehört. Gesehen haben wir die herzigen Äffchen, die sich an Früchten gütlich taten und in der Lodge dann die kleinen und schnellen Kolibris. Die Lodge besteht aus einem grossen Esssaal, dessen Wände Moskitonetze sind, zum Schlafen gibt es schöne Holzbungalows mit Mückennetzen, warmer Dusche und Kerzenbeleuchtung. Wir schlafen herrlich, es ist auch schön warm. Schon früh stehen wir auf und versuchen die Felsenhähnchen doch noch zu sehen. Schön rot sind sie, aber balzen tun sie am heutigen Morgen nicht, es hat halt kein Weibchen in der Nähe.

Weiter geht es gegen den Madre de Dios hinunter. Ein Riesenbagger versperrt zuerst die Strasse, wir dürfen wieder spazieren und später holt uns Gugliermo, der Fahrer, wieder ein. Er bringt uns noch bis an den Fluss wo die Strasse definitiv aufhört und unser Gepäck und viele Vorräte auf ein flaches Boot geladen werden. Er selber bepackt sein Auto mit Bananen und fährt wieder zurück. Wir ziehen orange Schwimmwesten an und los geht’s. Der Fluss führt nicht viel Wasser, daher hat es viele Kiesbänke und tote Bäume liegen im Wasser. Wilson umschifft alles souverän und gekonnt. Brenzlig wird es erst, als wir auf einen Posten eines noch nicht kontaktierten Urwaldvolkes treffen, und wir aufgefordert werden, ihnen etwas dazulassen. Wilson fährt zuerst weiter, hält dann aber an als er sieht, dass wir rennend verfolgt werden und Secundo wirft eine Machete an Land. Der Indianer ist nicht ganz zufrieden, verlangt mehr und wir hauen ab. Die Gruppe war zwar unbewaffnet, aber wer weiss, wer sich sonst noch im hohen Schilf tummelt. Letztes Jahr ist ein Bewohner eines benachbarten Dorfes, der an Land ging ermordet worden, mit einem Giftpfeil.

Wir werden in der schönen Manu Learning Center Lodge schon erwartet, man zeigt uns das Zimmer (Moskitonetz-Wände und Moskitonetz über dem Bett). Mit dem Kerzenlicht aufpassen und Schuhe ausziehen heisst die Devise. Zuerst aber ziehen wir Stiefel an und raus geht es in den Urwald. José führt uns auf engen Pfaden durchs Gebüsch, erklärt Geräusche und verschiedene Vogelarten. Schweissdurchtränkt bringt er uns zurück, es ist so warm, dass wir gerne kalt duschen. Dafür gibt es ein wirklich feines Nachtessen und ein Vortrag von jungen Forschern über ihre wissenschaftliche Arbeit. Wir schlafen sehr gut, trotz offener Wände und dem Wissen, dass Pumas, Jaguars und Ozelots um die Lodge schleichen.

Schon wieder früh Tagwacht. Mit dem Boot fahren wir auf eine Kiesbank im Fluss und warten geduldig auf Papageien, welche an den Felsen kommen um sich an der heilenden Erde gütlich zu tun. Es fliegen auch wirklich viele Vogelarten her, aber auch wieder weg. Der Grund ist ein Falke, der ganz gelassen auf einem Ast auf (Papageien-)Beute wartet. Nichts zu machen, aber wir werden noch mehr Gelegenheit haben das Schauspiel zu geniessen.

Wieder auf dem Fluss geht es noch einmal ein paar Stunden bis zur Manu Wildlife Center Lodge, wo wir dann drei Nächte bleiben. Auch hier ein schön eingerichteter Bungalow mit offenen Wänden, Kerzenlicht und diesmal gut funktionierender warmer Dusche. Mit José geht es wieder ab in den Urwald. Wir sehen Affen, Vögel, Wildschweine die unseren Pfad kreuzen, viele Pflanzen und Blumen deren Namen wir uns nicht merken können, die aber wunderschön sind. Nachtessen im riesigen Saal bei Kerzenschein und Urwaldschauer-Geschichten von José.

Noch einmal versuchen wir, die Papageien an der Lecke zu sehen und stehen wieder früh auf. Diesmal geht es per Boot zu einem Altarm des Flusses, wieder kommen die Vögel in Scharen, wieder hat es irgendein Raubtier, das sie vertreibt. Dafür begegnen wir einer riesigen Anaconda, welche sich auf dem Pfad sonnt. Sie verschwindet langsam im Gebüsch als sie sieht, dass wir zu viele und wahrscheinlich auch zu grosse Beute für sie sind.

Könnt ihr euch vorstellen wie schön es ist, im grossen luftigen Saal der Lodge auf einer bequemen Hängematte Siesta zu halten? Ich habe es riesig genossen. Diesen Nachmittag wandern wir mit einem Picknick im Rucksack zur Plattform, wo wir Tapire beobachten können. Wer weiss, wie gut unser Abendessen für einen herumstreunenden Jaguar riecht? Wir erreichen die Plattform ohne Zwischenfall, ich schlafe ein bisschen ein und siehe da, ein Tapir ist plötzlich an der Grube. Er ist riesig gross und verwundet, mit grosser Wahrscheinlichkeit von einem Jaguar oder Puma. Mit Taschenlampen-Licht geht es zurück zur 4km entfernten Lodge, ganz geheuer ist uns nicht, aber wir kommen heil und ohne hinterhältigen Angriff an.

Einen ganz schönen Ausflug machen wir am dritten Tag nur mit Wilson und José auf einen kleinen See. Wilson rudert uns leise und langsam ringsherum, und wir sehen die komischsten Vögel. Am Nachmittag dann noch einmal ein Ausflug zu einer Papageienlecke und diesmal funktioniert es. Die farbenprächtigen Tiere lassen sich am Felsen nieder und knabbern vom für sie so gesunden Lehm. Ein tolles und farbenprächtiges Schauspiel. Langsam aber sicher heisst es nun Abschied nehmen vom Manu. Noch einmal stehen wir sehr früh auf und verlassen bei Nacht und Nebel die Lodge. Wilson fährt uns in seiner gekonnten Manier den Fluss hinab. Zum Glück lichtet sich der Dunst bald einmal, aber die Reise ist so oder so magisch. Er lädt uns und unser Gepäck an einer Anlegestelle aus, mit einem Taxi geht es weiter, mit einem Floss wird ein weiterer Fluss überquert und dann zeigen sich bald einmal die hässlichen Goldgräberwunden im Wald um Puerto Maldonado. Es ist so schade um die schöne Natur, aber wir verstehen die Leute auch, die ein Auskommen finden müssen.


Im Manu Nationalpark - Peru (Foto zVg)

Per Flug – unser Gepäck wird von Hand durchsucht – geht es zurück nach Cusco und Lima, unsere Reise nähert sich ihrem Ende.

Im Mai 2013

Marianne und Pierre

 

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