Unsere grosse Andenreise vom 19.4. - 18.5. 2009

Geschrieben von Annegret und Peter Aebischer aus Münsingen...

Die Reise durch die Andenländer war für uns ein ganz spezielles Erlebnis. Wir hatten ziemlich hohe Erwartungen, welche jedoch in jeder Beziehung noch übertroffen wurden. Unter der kundigen Leitung von Markus Mathys reisen zu können ist ein Privileg. Er versteht es ausgezeichnet, seine kleine und dadurch flexible Reisegruppe an den Touristenströmen vorbeizuschleusen.

Seine fundierten Südamerika-Kenntnisse, seine hilfsbereite, aufgestellte und humorvolle Art sind eine Bereicherung für alle Reisenden und machen das Unternehmen zu einem echten Erlebnis.

An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank, lieber Markus...

Auf 5420müM. auf dem Chacaltaya bei La Paz in Bolivien

Nach einem ruhigen und sonnigen Tagesflug mit guter Sicht auf das Amazonas-Gebiet und die teilweise verschneiten Sechstausender Südamerikas erreichen wir nach einer imposanten Landung die moderne und aufstrebende Andenmetropole Lima. Wir sind ziemlich aufgeregt aber von Müdigkeit ist vorerst nichts zu spüren. Nach dem herzlichen Empfang von unserem Reiseleiter Markus Mathys und einer Taxi-Fahrt der Pazifikküste entlang erreichen wir unser Hotel und fallen bald einmal in einen erholsamen tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen lernen wir die weiteren 6 ReiseteilnehmerInnen kennen und unternehmen zusammen eine spektakuläre Busfahrt ins Zentrum von Lima, besuchen ein grosses Einkaufszentrum und bestaunen das vielfältige Angebot an exotischen Früchten, Gemüse und den vielen Kartoffelsorten Südamerikas. Weiter geht's zur Plaza San Martin mit dem Regierungsgebäude und zur grossen Kathedrale von Lima. Wir schlendern durch den Liebespark an der Costa Verde , trinken Kaffee und geniessen die Sicht auf den Pazifik und seine unendliche Weite. Bereits hat der berühmt-berüchtigte Winternebel Limas die Küste in ein milchiges Licht getaucht. Das Wasser scheint kühl zu sein und lädt auch die an Kälte gewohnte Schweizer nicht zum Bade!!

Im Spezialitäten-Restaurant "Rosa Nautica" lassen wir uns mit frischem Corvina-Fisch aus dem Ozean kulinarisch verwöhnen und lauschen der Brandung des Pazifiks, dessen Wellen sich tosend an der schroffen Felsküste brechen. Es gibt früh "Tagwach" im Hotel Ducado und nach einer knappen Flugstunde über die Andenkette erreichen wir Cusco auf 3400 m.ü.M. Die perfekt geflogene Linkskurve über dem peruanischen Touristenzentrum verdient unsere Bewunderung. Die Luft ist dünn und zwingt uns das Tempo etwas zu drosseln. Wir sind ja in den Ferien und nicht auf der Flucht.

Die Stadt Cusco ist sehr touristisch, hat einen schönen Platz inmitten der Stadt, die Plaza de Armas, eine imposante Kathedrale und viele kleine Gässchen mit bunten Marktständen und netten Restaurants. Wir besuchen zu Fuss und zu Pferd die in der näheren Umgebung liegenden Sehenswürdigkeiten, fahren mit dem öffentlichen Bus nach Pisaq und besteigen die Inkaruinen mit Sitz der Sonnenuhr, wo wir mit einer herrlichen Aussicht auf die terrassierten Pflanzungen an den steilen Hängen und den Blick ins Valle Sagrado belohnt werden. Später besuchen wir den Bauernmarkt im Städtchen Pisaq und auf dem Heimweg per Privatbus die Lama- und Alpaca-Zuchtfarm, wo wir viele Infos über die Tiere und deren Produkte, die Einfärbung und Herstellung der angenehm-warmen und schönen Wolle sowie die Erhaltung der traditionellen Webmuster- und Techniken erhalten.

Bald packen wir unsere Rucksäcke für den 2-tägigen Ausflug nach Machu Picchu. Mit der legendären Andenbahn geht's durch das wild-romantische Urubambatal bis zum Bergdorf Aquas Calientes, welches in einem steinschlaggefährdeten Gebiet liegt. Unser Hotel befinde sich jedoch in einer geschützten Zone, versichert uns Markus Mathys, und wir glauben ihm. Nun steht die Besteigung des Putukusi (Glücksberg) auf dem Programm, jedoch nur für schwindelfreie und an steile und urwaldfeuchte Holzleitern gewohnte Bergsteiger empfehlenswert. Alljene, welche diese schweisstreibende Leistung vollbracht haben, werden mit einer überwältigenden Aussicht auf die Inka-Stadt Machu Picchu und deren Umgebung belohnt.

Am nächsten Morgen erwartet uns Markus Mathys um 04.00 Uhr zum Morgenessen. Der erste Bus bringt uns zur weltberühmten Inka-Ruinen-Stadt Machu Picchu, welche 1911 vom amerikanischen Archäologen Hiram Bingham entdeckt und ausgegraben wurde. Wir steigen zum Wächterhaus hinauf und sind sehr beeindruckt von der ganzen Anlage, welche wir noch vor Sonnenaufgang und (noch) ohne Touristenschwärme mit unserem inneren Auge und der Kamera festhalten können. Einige Reisende unserer Gruppe nehmen den Aufstieg zum Machu-Picchu, ("der Alte Berg" 700m), unter die Füsse, die Anderen wandern zum Sonnentor. Nach dem Sonnenaufgang wird's warm und später heiss. Der Bergweg ist gesäumt von Lianen, Orchideen und seltenen Farnen und ab und zu huschen Echsen über die Steine. Das Klima ist tropisch. Einmal mehr stellen wir fest, dass Markus die Aufbruchszeit richtig gewählt hat! In der Mittagshitze hätte uns der Aufstieg viel mehr Energie gekostet.

Nach unserem tollen Berg-Erlebnis und der unbeschreiblich schönen Weitsicht vom "Alten Berg" hinab bis in den Amazonas und auf die schneebedeckten Andengipfel, schlendern wir mit ein paar Hundert anderen Touristen durch die Inka-Stadt und sind, wie schon so viele andere Besucher, tief beeindruckt ob der bis zum heutigen Tage nicht erklärbaren Baukunst der Inkas. Wir sind zwar erst eine gute Woche in Peru, haben aber schon sehr viel gesehen und erlebt, die Eindrücke sind mannigfaltig, die Tage ausgefüllt, dank dem gemütlichen Reisetempo unseres erfahrenen Reiseführers Markus Mathys aber nicht überfüllt.

Bald geht's per Reisebus weiter über den Altiplano nach Puno an den Titicaca-See. Alle in unserer Gruppe haben vor Jahren in der Geographiestunde vom Titicaca-See gehört, jedoch wusste niemand, dass er 14 mal der Fläche des Bodensee's entspricht und somit zum grössten Hochgebirgs-See der Welt wird. Der Altiplano ist die Hochebene zwischen den beiden Hochgebirgsketten der West-(Cordillera Occidental) und der Ost-Anden (Cordillera Oriental). Das Klima ist semi-arid bis arid, das heisst sehr trocken und kalt. Nachts kann die Temperatur bis zum Gefrierpunkt absinken. Rechts und links von unserer Reiseroute sichten wir Lama- und Alpacaherden, welche sich vom spröden Ichugras ernähren. Wir staunen wie anspruchslos diese Tiere sind.

Der Altiplano gehört zu den höchstgelegenen von Menschen bevölkerten Gebieten. Wir besuchen die Uros auf den Schilfinseln und lernen die 5-jährige Katharina, das Patenkind von Markus, kennen. Die Stimmung ist sehr fröhlich, Katharina geniesst ihren Göttibesuch und die Urosfrauen braten unsere selbstgefangenen Forellen aus dem See. Zusammen mit frischen Kartoffeln eine Delikatesse erster Güte. Nur ungern verlassen wir die liebenswürdigen Menschen und ihre schwimmende Insel. Zum Abschied tauschen wir Geschenke aus und die Uros-Frauen singen uns zum Abschluss "Alli mini Aenteli" in 4 Sprachen, in Quechua, Aymara, Spanisch und at last but not least noch in Schweizerdeutsch. Wir sind sprachlos und sehr gerührt.

Wir schreiben den 29.April und der Reisebus führt uns dem Titicaca-See entlang in Richtung Bolivien, wo wir bald darauf die Landesgrenze erreichen. Wir traben in "Reih' und Glied" auf dem Migrationsbüro an. Es klappt alles bestens, was keineswegs selbstverständlich ist, wehe dem, der einen unleserlichen Stempel in seinen Dokumenten oder gar das "Einreisezettelchen" vom Flughafen Lima verloren hat! Dann fängt alles von vorne an. Noch vor dem Mittagessen erreichen wir die Stadt Copacabana. Wir machen einen Bummel ins Stadtzentrum und besichtigen die reich mit Gold verzierte Kirche. Am späteren Nachmittag besteigen wir den Cerro Calvario und erleben einen sagenhaften Sonnenuntergang am weltberühmten Titicacasee.

Unser Ausflug auf die Sonneninsel mit der Uebernachtung im Familienhotel (Pousada) "Manco Kapa", wird uns noch lange in bester Erinnerung bleiben. Die im Steinbett gebratenen Forellen in Begleitung von frischem Salat, Gemüse, und Kartoffeln, das erfrischende Bad im Titicacasee und die tolle Wanderung über den ganzen Inselrücken gehen in die Geschichte unserer Andenreise ein. Zwar sind die Betten etwas ungewohnt hart und uneben, aber die Gastfreundschaft der einfachen Hoteliersfamilie, die Landschaft, der See mit all seinen Inseln und Buchten und die prachtvolle Aussicht auf unserer Wanderung sind einfach unbeschreiblich schön und von seltenem Charme. Eine Peruanerin hat uns mal im Brustton der Ueberzeugung anvertraut, der Titicacasee sei der schönste Ort der Welt. Ab heute teilen wir diese Ansicht.

Unser nächstes Ziel ist die Urwaldstadt Coroico. Vorerst müssen wir jedoch per Fähre den Titicacasee überqueren. Wir trauen diesem etwas wacklig-gebauten Holzuntersatz nicht so recht, welcher unseren Bus ans andere Ufer bringen soll, aber die Fähre ist stabiler als vermutet und es kommt gut!! Die Passagiere werden in Motorbooten über den Seearm befördert. Auf der kleinen Nussschale reisen auch einheimische Marktfahrer mit ihren Produkten, wie Kartoffeln, Gemüse, lebenden Tieren, Blumen und Textilien. Eine sehr bunte und geruchsintensive Fracht.

Nach 50 km Ueberlandstrasse erreichen wir La Paz. Welch ein Anblick!!! Es fällt schwer, diese Stadt zu beschreiben, man muss sie gesehen haben. Die Hauptstadt von Bolivien ist Sucre, aber der Sitz der Regierung befindet sich in La Paz, was sie zur wichtigsten Stadt Boliviens und zur höchstgelegenen des Kontinents macht. Für heute passieren wir die Stadt lediglich am Ostrand auf ca. 4000 m.ü.M. und weiter geht die Reise über den kurvenreichen 4650 hohen Cumbre-Pass. Das Klima wird immer kälter und nebliger und auf der Passhöhe empfängt uns Regen- und Schneeschauer. Die Gegend ist sehr unwirtlich und es meldet sich niemand für einen Fotohalt!

Auf der nun folgenden Strecke von 60 km durchfahren wir alle südamerikanischen Klima- und Oekozonen. In langgezogenen Serpentinen ( Yungas) steigen wir sage und schreibe 3750 Höhenmeter talabwärts. Wir befinden uns schlussendlich in der Talsohle auf 900 m.ü.M und erreichen mit einer erneuten Steigung von 1000 Metern auf enger und sehr kurvenreicher Strasse die am Gegenhang gelegene Stadt Coroico. Im Urwaldhotel Esmeralda geniessen wir den Swimmingpool und die Hängematte auf dem Balkon mit Sicht in den Amazonas-Regenwald. Am fernen Horizont glänzt der Firnschnee der majestätischen Andengipfel in der goldenen Abendsonne.

Welch ein verrücktes Wechselbad von Klima und Vegetation. Wo auf dieser Erdkugel schafft man so was per Bus in nur 3 Stunden Reisezeit? Nirgends! Nach einem Tag Urwaldhotel sind wir wieder fit und hungrig auf Abenteuer. Unsere beiden Chauffeure Himbelt und Oscar holen uns mit ihren Offroader-Reisefahrzeugen in Coroico ab. Wir fahren erneut in Richtung La Paz, jedoch auf der unasphaltierten Strasse (Yungas oder Road of Death) genannt). Wir sind frühmorgens unterwegs und der Gegenverkehr hält sich in Grenzen. Ohne Zwischenfall erreichen wir die Stadt La Paz, wo wir in einem Supermarkt Einkäufe tätigen für die bevorstehende Reise zum Salar de Uyuni und durch die Atacama-Wüste. Dort treffen wir unsere Köchin Eva, welche in der "Ueberlebenswoche" für's leibliche Wohl zuständig ist.

Nun steht unserem Abenteuer nichts mehr im Wege. Vollbepackt mit Proviant, Trinkwasser, Gas, Benzin und Fahrzeugersatzteilen fahren wir via El Alto (die Oberstadt von La Paz) in Richtung Süden. Die Landschaft ist karg, dafür entschädigt uns der Blick auf den 6430 Meter hohen Schneeberg Illimani. Spätabends erreichen wir die Stadt Oruro, wo wir in einem Hotel mit modernem Aussenlift aus Glas mitten im Zentrum und umgeben von Marktständen übernachten. Die Gegensätze könnten nicht grösser sein, auch das ist Bolivien. Wir passieren anderntags die Westflanke des Altiplanos. Die Landschaft wird immer karger, die Siedlungen spärlicher und auch die Lama- und Alpacaherden sind seltener anzutreffen. Dafür sind die Berge und Gesteinsformationen dank mineralhaltigen "Ingredienzen" von seltener Schönheit und auserlesener Farbmischung. Unterwegs haben wir Gelegenheit im schwefelhaltigen und ca. 30 Grad warmen Vulkansee Tarapaya ein Bad zu nehmen.

Wir erreichen die Silberstadt Potosi, welche zur Zeit der Silberförderung (im frühen 17. Jahrhundert) eine der reichsten, grössten und schönsten Städte Südamerikas war. Jahrzehnte lang Synonym für Reichtum. Noch heute sieht man Zeugen des vergangenen Wohlstandes und viele Gebäude im Stadtzentrum erinnern uns an Paris und Versailles. Ausstaffiert mit Helm, Stirnlampe, Gummistiefel und Uebergewand besuchen wir die Mineure im Innern des Cerro Rico. Wir überbringen ihnen Geschenke in Form von Kokablättern, Getränke, Schnaps, Zigaretten und Dynamit. All diese "Hilfsmittel" benötigen die Minenarbeiter um diese wahrhaftig "steinharte" Arbeit überhaupt auszuhalten. Wir sind erschüttert über deren Arbeitsbedingungen. Im Alter von 35 Jahren sterben die meisten an Staublungen oder werden schon früher durch Unfälle invalid. Dann muss der älteste Sohn der Familie in die Fussstapfen des Vaters treten und die Familie ernähren. Für uns ist der Cerro Rico nicht der reiche, sondern vielmehr der arme traurige Berg.

Wir verlassen Potosi und weiter geht's zum Salar de Uyuni. Welch ein Anblick, weiss wie Schnee liegt die grösste Salzwüste der Welt zu unseren Füssen, nachdem wir tolle Landschaften mit farbigen Lagunen, die ersten Flamingos und sogar zwei Anden-Kondore, (die Könige der Lüfte, welche mit einer Flügelspannweite von mehr als drei Metern und einem Gewicht von bis zu 12 kg bis auf 7000 Meter Höhe fliegen) gesichtet haben. Wir sind schlicht überwältigt von so vielen Naturschönheiten an einem einzigen Tag! Dafür verzichten wir gerne auf warmes Wasser und Dusche im Salzhotel, diesen Komfort haben wir ja zuhause im Ueberfluss. Wir geniessen einen unvergesslichen Sonnenuntergang auf dem Salar und schiessen vorher noch ein paar imposante "unendlich lange" Schattenbilder.

Die Nacht wird kalt in der bolivianischen Salzpfanne. Unser Hotel ist fast ausschliesslich aus Salzblöcken gebaut und hat dadurch eine ganz spezielle Ausstrahlung. Zum Glück sind unsere Salzbetten mit warmen und weichen Lama- und Alpaca-Decken ausstaffiert und es muss niemand frieren. Da es im Salzhotel kein Frühstück gibt, geht die morgendliche Weiterfahrt erstmal zur Kakteeninsel. Derweil Eva unser Frühstück zubereitet unternehmen wir eine Wanderung auf der Incahuasi-Insel ( Haus des Inkas) und bewundern die bis zu 12 Meter hohen Säulenkakteen, welche sich im Licht der aufgehenden Sonne von ihrer schönsten Seite präsentieren. Nach dem Fussmarsch über die Insel schmecken uns die warmen, mit Caramel- und Konfitüre gefüllten Pancakes von Eva ganz besonders.

Der Salar und seine einmalige Ambiance sind ein weiteres Highlight unserer Südamerika-Reise. In der Stadt Uyuni tanken wir unsere Wasser-Benzin- und Gasvorräte auf und weiter geht's zum Eisenbahnfriedhof ausserhalb der Stadt. Hier rosten unzählige Dampflokomotiven unaufhaltsam ihrem endgültigen Zerfall entgegen. Bolivianische Alteisenentsorgung. Wir setzen unsere Reise dem östlichen Salzseeufer entlang durch die Atacama-Wüste fort.

Die Landschaft ist sehr eindrücklich und wildromantisch. Die Strassen ähneln teilweise eher ausgetrockneten Flussbetten und wir werden arg durchgeschüttelt, Power-Plate zum Nulltarif!! Aber die sensationellen Felsformationen, die Weite und Stille dieser Wüstenlandschaft sind Balsam für unsere ferienhungrigen Seelen und entschädigen uns für jegliche Mühsal. Wir erreichen die Laguna Colorada auf 4400 m.ü.M und beziehen unsere Unterkunft. Auch hier gibt's kein Warmwasser und keine Dusche, dafür einen sagenhaften Sonnenuntergang, gefolgt von einer sternklaren aber bitterkalten Vollmondnacht.

Am Morgen schmücken Eisblumen unsere Schlafzimmerfenster und die Morgentoilette wird auf ein Minimum reduziert. Alle freuen sich (vor Kälte schlotternd) auf Evas im Butter gebackene "Frühstücks-Guetzli", welche sie uns mangels Brot serviert. Einfach himmlisch, da werden keine Kalorien mehr gezählt. Bald kommt die wärmende Sonne, unsere Fahrt geht weiter zum heiss-dampfenden und brodelnden Geysir " Sol de Manana", wo es nach faulen Eiern riecht. Die warme Ausstrahlung des Geysirs wissen wir aber zu schätzen.

Nach langer Fahrt durch die Steinwüste mit bizarren Felsformationen in allen Farbnuancen erreichen wir die Thermalquelle von Chalviri und geniessen ein herrliches Bad in Gottes freier Natur, Umkleidekabinen gibt es aber keine. Brauchen wir auch nicht, wir sind "wash and wear"!! Das Wasser hat eine Temperatur von über 40 Grad und durchwärmt unsere steifen Knochen. Eva überrascht uns mit einem feinen Brunch. Gestärkt an Leib und Seele erreichen wir die Laguna Verde, ein weiteres Wunder der Natur. Nun steigt die Wüstenstrasse an und wir erreichen eine beachtliche Höhe von 4500 m.ü.m., wo sich unsere Fahrzeuge einer Grenzkontrolle unterziehen müssen. Es handelt sich hier um den höchstgelegenen und wohl auch einsamsten Zollposten der Welt.

Es geht wieder bergabwärts der chilenischen Grenze entgegen. Bald wird unsere Wellblechpiste von einer feudalen Asphaltstrasse abgelöst und Chauffeur Himbelt kann wieder etwas stärker aufs Gaspedal drücken, obwohl er eigentlich viel lieber Fluss-Wadis durchpflügt. Er liebt diese Herausforderungen, denn Asphalt ist monoton und einschläfernd!! Am Nachmittag erreichen wir den Chilenischen Zollposten in San Pedro de Atacama auf einer Meereshöhe von 1900 m.

Zum Glück hat uns Markus Mathys für dieses Prozedere entsprechend vorbereitet. Bei der Zollabfertigung handelt es sich eher um eine Schikane als um Kontrolle, aber wir sind Gäste in diesem Land, wer Uniform trägt ist am längeren Hebel und Kritik ist weder gefragt noch angebracht. Nachdem unsere Säcke und Koffern wieder reisefertig verpackt und auf den Fahrzeugdächern verstaut und verschnürt sind, erreichen wir ca. 2 km nach dem Zoll unser Hotel und es darf wieder abgeladen werden. Wenn einer eine Reise tut.....

Wir setzten nach einer erholsamen Nacht, warmer Dusche und Morgenessen mit Rührei aus Evas Wunderküche unsere Reise in Richtung Pazifik fort. Erneut muss eine Steigung von zweitausend Höhenmetern überwunden werden. Dann folgt eine 45 km lange schnurgerade Asphaltstrecke, die Landschaft ist öd und bietet nicht mehr das gleiche Bild wie die bolivianische Atacama. Umso mehr erfreut uns der plötzliche Ausblick auf den Pazifik, welcher sich vor uns ausbreitet. Für unsere Köchin Eva muss es ein wahrlich spektakulärer Augenblick sein, sieht sie doch als 3-fache Mutter zum ersten Mal in ihrem Leben das Meer.

Wir erreichen die Küstenstadt Iquique, wo wir abends einen Bummel durch das historische Stadtzentrum (wo früher Wildwestfilme gedreht wurden) unternehmen. Die Hafenstadt Iquique ist die grösste Freihandelszone Südamerikas und somit Anziehungspunkt für Handel, Wirtschaft, Touristen und Casinobesucher. Aber auch der Badestrand mit seinen wunderschönen Anlagen ist ideal für alle Wassersportarten und ein beliebtes Feriendomizil. Am folgenden Tag fahren wir nordwärts der Pazifikküste entlang und erreichen die zweite Hafenstadt Nordchiles, Arica mit dem mächtigen El-Morro-Felsen, von wo aus man einen überwältigenden Ausblick auf die Stadt und den Strand geniesst. Der " El-Morro-Fels" hatte im berühmten Salpeterkrieg Symbolcharakter. Durch den Salpeterkrieg (auch Pazifikkrieg genannt) zwischen Peru, Bolivien und Chile verlor das Land Bolivien den Zugang zum Meer, was verhehrende wirtschaftliche Konsequenzen zur Folge hatte.

Wir verbringen zwei Nächte im Hotel direkt am Strand. Die Pazifikbrandung ist so stark, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Aber nach soviel Steinwüsten, Geröllhalden und staubigen Strassen ist das Rauschen von Wasser wie Musik in unseren Ohren und die Balkontüre bleibt demzufolge sperrangelweit offen. Abwechslung macht das Leben süss! Wir geniessen die zwei Tage am Meer in vollen Zügen, besuchen den Hafen, den Fischmarkt, das Stadtzentrum, und besteigen den Hausberg "El-Morro". Einige ganz "Verwegene" werfen sich in die Fluten des eher kühlen Pazifiks, wo sie den Badegenuss mit Seelöwen teilen. Abends erleben wir vom Balkon aus fantastische Sonnenuntergänge.

Ausgeruht und voller Tatendrang nehmen wir die letzten 540 km "Asphaltriemen" in Richtung La Paz unter die Räder. Von der Küste her müssen wir wieder bis 4000 Höhenmeter überwinden, um in der grössten Stadt Boliviens anzukommen. Die Gegend wird gebirgig und die Strasse ist entsprechend kurvenreich. Nach 200 km erreichen wir die chilenische Grenze und wir befinden uns erneut in Bolivien. Unterwegs gibt es einen letzten Mittagshalt mit Picknick in der freien Natur. Der Abschied von dieser tollen Landschaft mit ihrer unbeschreiblich grossen Weite und Stille fällt uns nicht leicht.

Zum dritten Mal auf unserer Reise erreichen wir die Stadt La Paz. Da unsere Chauffeure Himbelt und Oskar mit ihren Kontrollschildern an einem Donnerstag keinen Zutritt zum Stadtkern haben, müssen wir beim Busbahnhof in ein Taxi umsteigen um zu unserem Hotel zu gelangen. Drei aufregende Tage in La Paz erwarten uns. Da die 4-Millionenstadt in einem 1000 Meter tiefen Trichter liegt, sind die Strassen steil wie bei uns in den Bergen. Das Verkehrschaos ist unbeschreiblich, Lichtsignale und Polizisten werden kaum beachtet, jeder muss selber schauen, wie er sich durch's Verkehrsgewühl fortbewegt und auf den engen Trottoirs (falls überhaupt vorhanden) vorwärts kommt. Und trotz all'diesen Widrigkeiten löst die Stadt eine gewisse Faszination aus und nach einem Tag haben wir uns an das Chaos gewöhnt. Wir unternehmen noch eine letzte Expedition, der 5400 Meter hohe Schneeberg Chacaltaya steht auf dem Programm. Das Wetter ist fantastisch, wie eigentlich auf der ganzen 4-wöchigen Reise, stahlblauer Himmel und sonnige Tage, und unserer Bergtour steht somit nichts im Wege.

Alle, welche sich für diesen Ausflug entschieden haben, schaffen den Aufstieg in die dünne Andenluft ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff. Eine phänomenale Aussicht in den Amazonas, auf die umliegenden Vulkane und die schneebedeckten 6000-er der Kordilleren-Kette, auf die Stadt La Paz mit der davor liegenden Oberstadt El Alto samt Flughafen nimmt uns fast die restliche Luft, atemberaubend im wahrsten Sinne des Wortes, ja sogar einen kleinen Streifen des Titicaca-See's ist in der Ferne sichtbar. Wir sind sprachlos und werden ganz still ob all' dieser Pracht.

Beim Morgenessen am folgenden Tag stellen wir mit Freude fest, dass wir keinen Muskelkater verspüren, also sind wir ziemlich fit geworden in den Andenländern. Am Sonntag geniessen wir noch ein Fussballspiel im höchstgelegenen Fussballstadion der Welt und einen kleinen Ausflug ins Moon-Valley, wo wir bei einem Schweizer im Restaurant "Oberland" ein feines Abschiedsessen geniessen, denn dies ist der letzte gemeinsame Abend, am Montag geht unsere Andenreise zu Ende.

Abschliessend möchten wir noch Folgendes erwähnen und festhalten:
Die Reise durch die Andenländer war für uns ein ganz spezielles Erlebnis. Wir hatten ziemlich hohe Erwartungen, welche jedoch in jeder Beziehung noch übertroffen wurden. Unter der kundigen Leitung von Markus Mathys reisen zu können ist ein Privileg. Er versteht es ausgezeichnet, seine kleine und dadurch flexible Reisegruppe an den Touristenströmen vorbeizuschleusen. Seine fundierten Südamerika-Kenntnisse, seine hilfsbereite, aufgestellte und humorvolle Art sind eine Bereicherung für alle Reisenden und machen das Unternehmen zu einem echten Erlebnis. An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank, lieber Markus.

Die beiden Chauffeure Himbelt und Oskar verdienen ein grosses Lob. Mit viel Umsicht und auf sehr angenehme Art haben sie die oftmals nicht leichte Aufgabe wahrgenommen und uns sicher und ohne viel Aufhebens durch die wellblechartigen Wüstenstrassen, wie auch durch das Verkehrsgetümmel der Grossstädte und die endlos langen Asphaltstrassen manövriert. Im Weiteren haben sie sich als versierte Mechaniker profiliert. Ohne ihre fachlichen Kenntnisse in Sachen Fahrzeuge und ohne ihr unermüdliches Zupacken betreffend Radwechsel, Pneureparaturen sowie das tägliche "Gepäck-Auf- und Abladen" hätten wir die eine oder andere Verspätung oder gar Programmänderung hinnehmen müssen. Chapeau !! Wir danken euch ganz herzlich.

Ein grosses Dankeschön geht auch an Eva, unsere Köchin, welche während der "Ueberlebenswoche" durch die Atacama-Wüste für unser leibliches Wohl besorgt war. Die selbstgebackenen "Frühstücks-Guetzli" und die frischen Pancakes bleiben uns in bester Erinnerung. Die einzigartigen Landschaften, Naturschönheiten, die tollen Wanderungen und Bergtouren haben uns für den ab und zu fehlenden Komfort in den einfachen Hotels und Pensionen um ein Vielfaches entschädigt. Der direkte Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung und deren Bestreben, uns als Gäste und nicht nur als Touristen zu empfangen, hat uns sehr gerührt und unser Reiseerlebnis bereichert.

Auch die Südamerikanische Küche lässt keine Wünsche offen. Ueberall fanden wir Gemüse in allen Variationen auf den Menukarten, Fleisch-, Fisch- sowie vegetarische Gerichte wurden überall angeboten. Es muss niemand hungern oder sich mit langweiliger Kost zufrieden geben. Alljenen, welche auf ihren Reisen Natur-Erlebnisse suchen, mit offenem Herzen und wachem Auge und einer positiven Einstellung sowie dem nötigen Respekt gegenüber anderen Ländern und anderen Sitten ihren Horizont und ihr Bewusstsein erweitern möchten, können wir diese Reise von ganzem Herzen empfehlen.

Münsingen, im Juli 2009 Peter und Annegret Aebischer

 

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