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Andenreise durch Peru, Bolivien und Chile

3. Teil: Von Copacabana am Titicacasee nach Coroico in den Yungas bis in die Silberstadt nach Potosi.

Von heute Samstag an steht uns ein eigenes Auto mit Fahrer zur Verfügung. Francisco, unser Fahrer ist noch am Freitagabend in Copacabana am Titicaca See aus La Paz eingetroffen, somit kann es heute in der Frühe gleich losgehen. Auf das erste Hindernis treffen wir nach etwa einer Stunde Fahrt bei der Enge von Tiquina, hier an der schmalsten Stelle des Sees müssen wir auf ein Boot umsteigen, Francisco und der Toyota werden separat ans andere Ufer übergesetzt. Die Fährschiffe sind in einem wirklich bedenklichen Zustand, das einzige was mir dazu einfällt "Und sie schwimmen doch". Trocken am anderen Ufer angekommen, muss auf Francisco etwas gewartet werden, bis auch er es mit dem Auto geschafft hat. Da Linda gesundheitlich etwas angeschlagen ist und nicht sicher ist, ob es sich nur um eine Grippe handelt, wird bei einem Ärzteposten ärztlicher Rat eingeholt. Wie Bescheid kommt, das nichts gravierendes vorhanden ist, heisst es, La Paz wir kommen. Nach gut zwei Stunden Fahrt ist die höchstgelegene Stadt der Erde mit Regierungssitz erreicht. Durchs El Alto der Stadt auf dem Altiplano über La Paz, vorbei am auf 4038 m. ü. M. höchstgelegene Zivilflughafen der Welt eröffnet sich der erste Blick auf die Millionenstadt La Paz.

La Paz / Bolivien
La Paz / Bolivien

Der 6439 m Hohe Illimani im Hintergrund verhüllt sich leider in Wolken. Da das heutige Tagesziel noch in weiter Ferne liegt gibt es nur einen kurzen, Halt um etwas zu essen in der Stadt. Ostwärts verlassen wir La Paz hinauf auf den Cumbre-Pass, in atemberaubender Höhe von 4650 m. ü. M. wird kurz Rast gehalten. Der eiskalte Wind, durchsetzt mit einigen Schneeflocken lässt keinen grossen Gefallen finden hier oben, da auch die Aussicht auf die Täler der Yungas durch die dichten Wolken erheblich beeinträchtigt ist, geht es bald mal talwärts. So sitzen wir rasch wieder im warmen Auto. Die Erste noch asphaltierte Strecke hinunter nach Coroico bereitet keine grösseren Probleme. Als jedoch der Teil beginnt, der einem das Herz ein Bisschen schneller schlagen lässt, wo Asphalt nur noch ein Wunschtraum ist, die Abhänge nahezu ins Endlose abfallen, kommt ein Nebel auf der die Sicht auf teilweise nur noch zwanzig Meter beschränkt. Die "Arschlöcher", Entschuldigung für das Wort, doch hier ist es wirklich angebracht, von Lastwagenfahrer, die von unten kommen und vortrittsberechtigt sind auf der drei Metern breiten Strasse, halten es nicht für nötig, wenigstens das Licht einzuschalten. Somit herrscht höchste Konzentration, die Nase buchstäblich an der Frontscheibe. Zum Glück dauert diese Nebeldecke nicht all zulange, so ist wie das überstanden ist, doch noch was zu sehen von dieser einmaligen Strasse mit ihren Ausblicken, die den Atem stocken lassen, vom Cumbre-Pass in die Yungas nach Coroico. Diese Strasse ist wirklich ein Erlebnis, die zahllosen Kreuze am Strassenrand machen jedoch sehr nachdenklich, sich leichtsinnig in einem der vielen Busse hier runter zu wagen, muss wirklich gut überlegt sein! An der Stelle wo der Abhang ca. 1000 m beinahe senkrecht abfällt wird der erste Fotostopp eingelegt, von denen noch so einige folgen bis unten im Tal Coroico erreicht ist.

La Paz - Coroico
La Paz - Coroico

Bevor der Tag seinem Ende entgegengeht und es dunkel wird, schaffen wir es gerade noch den Kopf im Pool des Hotels Esmeralda in Coroico unter Wasser zu kriegen. Eben noch im Schnee und nun in herrlich tropischer Landschaft bei angenehmen Temperaturen im Swimmingpool. Auch das ist Bolivien, Land der Gegensätze. Für den morgigen Sonntag ist kein Programm vorgesehen, ein jeder kann machen zu was er Lust hat. Hans hat schon mal die "Backstube" eines Deutschen im Dorf entdeckt. Während Francisco und ich den Jeep vom Staub und Dreck befreien, anschliessend wird der Nachmittag am Pool und beim Billard spielen, Wärme und Sonne getankt für weitere Abenteuer in andienen Höhen von über 4000 m. ü. M. Montag, ein herrlicher Tag beginnt, blauer Himmel über uns. Beim Jeep bepacken oben am Hotel werden nochmals die schneebedeckten Andenriesen bestaunt, ganz wenig nachdenklich bemerkt Francisco, in drei Stunden sind wir wieder da oben im Schnee, fertig mit kurzen Hosen. Liegestuhl und plantschen im Swimmingpool. Die Rückfahrt nach La Paz bei schönem Wetter verläuft ohne spezielle Ereignisse. In einem Supermarkt wird Vorrat eingekauft, da wir an Orte kommen, wo selbst für das leibliche Wohl gesorgt werden muss. Das alles läuft gut ab bis auf eine Ausnahme. Normalerweise ist es kein Problem, in La Paz ein Käsefondue zu bekommen. Ich hatte geplant, an der Laguna Colorada dies zuzubereiten, da oben auf 4300 m. ü. M. sicherlich eine einmalige Gelegenheit für so was. Nach dem vierten Supermarkt wird die Suche danach aufgegeben. Durch diese käsige Geschichte sind wir etwas im Verzug mit der Zeit, bis Oruro ist es noch weit. Doch so gegen 20 Uhr wird das heutige Ziel der Reise Oruro doch noch erreicht. Kurz vor dem zu Bettgehen ein kleines, kurzes Nachtessen, Pommes, Reis und gebratenes Hühnchen, wie es schon fast Routine ist.

Heute an einem wunderschönen Morgen mit wolkenlosem Himmel über der Minenstadt Oruro heisst es Abschied nehmen von asphaltierten Strassen. Was ansteht sind an die 800 km Sand, Staub und Dreck über Wellblechpisten bis hinunter nach Chile. Nach Oruro werden die letzten gut 100 km Asphalt aus diesem Grund gebührend genossen, bevor es mit diesem Luxus dem Ende entgegengeht. Nun beginnt dieses Wellblech, das schon fast ein Markenzeichen von Bolivien geworden ist. Die Pisten sind vom befahren der vielen Busse und LKWs so abgenützt, dass sie wirklich aussehen wie Wellblech. Wie langsamer man fährt, um so mehr schüttelt und rüttelt es, aus diesem Grund schlägt Francisco ein ordentliches Tempo an, je schneller je besser. Man fliegt dann buchstäblich darüber hinweg. Die Landschaft fasziniert durch ihre Weite mit Ichugras bewachsenen Hänge und Ebenen. Mal etwas Schnee auf den Bergespitzen, mal Lamas, Alpacas und Schafe die denn Weg kreuzen. Es scheint eintönig zu sein und doch sieht man an allen Ecken und Enden immer etwas Neues. Zerstreut kleine Siedlungen am Wegrand, erbaut aus Lehm und Gras, frei von jeglichem Komfort weder Elektrizität noch Wasser, geben das Gefühl sich in einer anderen Welt aufzuhalten. Die karge Landwirtschaft, Kartoffeln die in diesen Höhenlagen noch wachsen, Eseln, Lamas. Alpacas und Schafe, bieten der hiesigen Bevölkerung eine wirklich harte Überlebensgrundlage. Bolivien ist daran die Strasse nach Potosi auszubauen, bald schon ist die Baustelle erreicht, endlose Umwege sind zu fahren, bis an einer Stelle schwere Baumaschinen mitten auf der Strasse stehen. Ein Weiterkommen scheint hier unmöglich. Nach einer Erkundigung, wann und ob es weitergehen könne, sagt man uns in zehn Minuten, doch sind zehn Minuten in Bolivien ein dehnbarer Begriff. Heute jedoch zu unserem Glück trifft es ein, und nach der genannten Zeit ist der Weg frei nach Potosi ans heutige Tagesziel.

Potosi / Bolivien
Potosi mit dem Cerro Rico / Bolivien

Potosí, die höchstgelegene Stadt der Erde mit mehr als 100'000 Einwohner auf 4100 m. ü. M besticht durch ihre Einzigartigkeit. Der Cerro Rico, der reiche Berg im Hintergrund der Stadt, hat ihr einst zu einem unbeschreiblichen Wohlstand verholfen, der sie grösser und mächtiger erscheinen lies als Paris oder London zu jener Zeit. Man sagt es sei einst die grösste Stadt der Welt gewesen. Doch dies alles ist lange her. Was die Silberminen des Cerro Rico in vergangenen 400 Jahren an den Tag gebracht haben hätte ausgereicht, um eine silberne Brücke von Potosí bis nach Spanien zu bauen, so wird es in der Literatur beschrieben. Ebenso sollen über acht Millionen Menschen, wahrscheinlich noch wesentlich mehr den Tod gefunden haben in den Minen. Die Stadt, die der Welt am meisten gegeben hat, wie Potosi auch genannt wird. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass bis heute ca. 46'000 Tonnen Silber aus dem Berg geholt wurden. All dies wird uns in der Casa Real de la Moneda, im Museum von Potosí auf eindrückliche Weise dargestellt. Für mich eines der eindrücklichsten Museen, das ich je besucht habe. Doch wer je in Potosí ist, darf eine Tour in eine der zahlreichen Silberminen im Cerro Rico nicht verpassen. So ist wie abgemacht Efraim ein ehemaliger Minero, ein Minenarbeiter auf der Plaza und steigt zu uns in den Jeep. Am Fuss des Cerro Rico angekommen werden Therese und Linda nach minero-art eingekleidet. Helm, Stirnlampe, Regenschutz und Stiefel. Der Rest der Gruppe wird draussen vor der Mine warten bei ihrer Tour durch das Innere des Berges. Doch zuerst geht es auf den Mercado de Mineros. Hier versorgen sich auch all die ca. 6000 Minenarbeiter, die zur Zeit noch im Berg arbeiten mit allem was das tägliche Minenarbeiterleben so benötigt. Cocablätter, Schnaps und Dynamit, dass sind so die Utensilien die im Berg zur Arbeit benötigt werden. Geschenke für die Mineros werden hier eingekauft, denn mit leeren Händen zu erscheinen erscheint nicht sehr schlau. In Potosí ist es jeder Person erlaubt, Dynamit zu kaufen, sei sie nun 8 oder 80 Jahre alt, stamme aus Potosí oder Herzogenbuchsee dies spielt absolut keine Rolle. Da dies ein gutes und sinnvolles Geschenk für die Mineros ist, sind so Laute in schönstem Berndeutsch zu vernehmen wie, "du Hans choufsch no z'trinke und chli Dynamit". Mit Sicherheit nichts alltägliches. Um anschliessend an die Minen-Tour eine Sprengdemonstration vorzuführen, kaufe ich auch ein Set von diesem explosiven Zeugs. Wie Linda und Therese nach über zwei Stunden in den Silberminen am Tageslicht erscheinen, zurück aus der Unterwelt, tief beeindruckt von dem was sie gesehen und erlebt haben, muss erstmal erzählt werden. Wie es so zu und her geht im Cerro Rico.

Silberminen in Potosi
Silberminen am Cerro Rico / Potosi - Bolivien

Die Eindrücke von da drinnen sind kaum zu beschreiben. Bei meinem Besuch vor Jahren ist es mir ebenso ergangen. Unfassbare Arbeitsbedingungen, Kinder als Arbeitskräfte und vieles mehr, wie gesagt kaum zu beschreiben, man muss es echt gesehen haben. Efraim zeigt uns nun wie so eine Sprengung mit Dynamit vollbracht wird. Wie er mir das Zeugs in die Hand drückt und die Zündschnur anzündet, wird mir schon ein Bisschen mulmig ums Herz. Doch er beruhigt, fast 5 Minuten sei noch bis zum Knall. Sein Gehilfe hat nun die Ehre den Hang runter zu rennen, um die explosive Ladung in genügender Distanz zu uns auf einer Steinplatte zu plazieren. Ziemlich genau nach eben diesen 5 Minuten knallts und auch das ist überstanden. Zeigte sich das Wetter heute Morgen noch von seiner schönsten Seite, so hat sich das jetzt gedreht. Graupelschauer ziehen über die Stadt hoch zum Cerro Rico, so dass wir uns ins Hotel zurückziehen. Da auch der Toyota für die morgige Weiterfahrt noch etwas Pflege benötigt, geht dieser Tag hier oben an den Hängen des Cerro Ricos über Potosi dem Ende entgegen. Eindrücklich war's und unvergesslich dazu.

Und weiter geht's auf der Rundreise durch Peru, Bolivien und Chile von Potosi zum Salar de Uyuni und weiter nach nach Chile >>>